Mai-Rückblick: US-Börsen im Aufwind, Emerging Markets uneinheitlich

Speziell die meisten lateinamerikanischen Aktienmärkte präsentierten sich wie schon in den Vormonaten relativ schwach. In Indien gingen die Märkte nahe der jüngst erreichten Allzeithochs in eine abwartende Seitwärtsbewegung vor der Bekanntgabe der Parlamentswahlergebnisse und reagierten dann mit kräftigen Kursausschlägen auf den etwas überraschenden Wahlausgang. In China zeigte die Aktienmarkterholung der letzten Monate zuletzt einige Ermüdungserscheinungen. Gleichwohl stehen die Vorzeichen für Schwellenländeraktien in den kommenden Monaten nicht schlecht. Leichte Abschwächungszeichen in der US-Konjunktur bei gleichzeitig recht hoch bewerteten US-Aktien, Konjunkturerholungen in China und Europa sowie eine künftig weniger synchrone Geldpolitik der Notenbanken könnten dazu führen, dass Aktieninvestor:innen zunehmend außerhalb der USA nach neuen Investmentchancen suchen.

Schwellenländer-Aktien vor dem Ausbruch nach oben?

Im Mai versuchten Emerging-Markets-Aktien neuerlich einen Ausbruch aus dem langfristigen Abwärtstrend in ihrer relativen Performance gegenüber den entwickelten Aktienmärkten. Dieser gelang zunächst nicht, was vor allem an der erneut starken Wertentwicklung der US-Aktien lag oder genauer, an den Kursanstiegen einiger Schwergewichte an den US-Aktienmärkten, allen voran dem Chiphersteller Nvidia. Jenseits dessen mangelte es weltweit im Mai aber etwas an frischen Impulsen für einen neuerlichen kräftigen und breit angelegten Aufwärtsschub. Die anstehenden richtungsweisenden Zinsentscheidungen und Zinseinschätzungen der US-Notenbank Fed Mitte Juni ließen viele Marktteilnehmer zusätzlich eher abwartend agieren.


Entwarnung von der US-Notenbank?

Die US-Währungshüter und die parallel dazu veröffentlichten US-Inflationsdaten sendeten schließlich eine gemischte Botschaft, mit der zumindest die Aktienmärkte weltweit aber recht gut leben könnten: Zinssenkungen wurden angesichts weiterhin robuster Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten etwas weiter in die Zukunft verschoben. Dafür fielen die Teuerungsraten auf der Verbraucher- und der Produzentenseite etwas besser aus als erwartet, d. h. die Inflation ging etwas rascher zurück. Das spricht dafür, dass wir bei den US-Anleiherenditen und beim US-Dollar keine neuen stärkeren Aufwärtsschübe sehen sollten. Das wiederum wäre grundsätzlich positiv für Aktien und Anleihen aus den Emerging Markets. Es könnte auch den Notenbanken in vielen Ländern mehr Spielraum für Zinssenkungen eröffnen, wenn sie keine größeren Währungsabwertungen zum US-Dollar fürchten müssen. Soweit jedenfalls die Theorie. Ob sich das in der Praxis bewahrheitet, wird sich zeigen.

Heterogener denn je

Generell ist einmal mehr darauf hinzuweisen, dass Schwellenländeraktien zwar als eine Assetklasse angesehen werden, aber heterogener denn je sind und deswegen solche allgemeinen Aussagen nur einen ersten, groben Rahmen bieten können.

Rohstoffexportierende Volkswirtschaften verhalten sich beispielsweise ganz anders als Länder wie China oder Indien. Und auch diese beiden Schwergewichte im Emerging-Markets-Universum unterscheiden sich ganz markant. Während China bei vielen Anleger:innen schon seit Jahren in Ungnade gefallen ist, erfreut sich Indien ungebrochener Beliebtheit. Chinas Aktienmarkt mutiert von billig zu noch billiger, während Indiens Aktienmarkt den entgegengesetzten Prozess durchläuft – und das aus nachvollziehbaren Gründen.

China pfui, Indien hui

Demokratische Prozesse (gerade erst lief erneut eine Mammutwahl weitgehend störungsfrei ab), ein weit geringeres Risiko von Willkürakten der Behörden und ein zwar nicht perfektes, aber doch recht gutes Niveau von Rechtssicherheit in Indien bieten signifikante Vorteile, für die Investor:innen entsprechende Risikoprämien zu zahlen bereit sind. Natürlich spielt auch die Geopolitik hier stark hinein: China ist seit längerem wirtschaftlich und geopolitisch im Fadenkreuz der USA und damit höheren Risiken unterworfen. Indien wird hingegen von Washington als Partner umworben, lässt sich aber bislang von niemandem vereinnahmen und hält sich damit lukrative Wirtschaftsbeziehungen mit (fast) allen offen.

Einen ähnlichen Kurs scheint übrigens zunehmend auch Saudi-Arabien einzuschlagen, jahrzehntelang einer der engsten Verbündeten der USA. Vor wenigen Tagen lief der vor 50 Jahren abgeschlossene Vertrag zwischen dem Königreich und den USA aus, der faktisch den Petro-Dollar etablierte. Die saudische Führung hat ihn nicht verlängert. Ob dies nur ein Pokern um verbesserte Konditionen oder eine tektonische Verschiebung im weltwirtschaftlichen Machtgefüge (Stichwort BRICS+) ist, wird sich vermutlich in den kommenden Monaten klarer abzeichnen.

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Gutes Umfeld für Schwellenländer-Aktien?

Doch zurück zu den Emerging Markets insgesamt. Das sich nun abzeichnende weltwirtschaftliche und geldpolitische Umfeld könnte – sofern es keine unerwarteten Störfeuer gibt – durchaus günstig für Schwellenländeraktien (und auch -anleihen) sein. In zahlreichen Ländern bieten sich Investmentchancen, wie unter anderem ein Blick auf die starken Bewertungsabschläge vieler Schwellenländeraktienmärkte gegenüber den entwickelten Märkten zeigt.

Günstige Bewertungen, gutes Wachstum und Profitabilität

Dass diese auf absehbare Zeit nicht komplett verschwinden werden, ist klar, aber das brauchen sie auch gar nicht, um Anleger:innen gute Ertragsaussichten zu bescheren. Es genügt vermutlich schon, wenn die oftmals sehr guten Profitabilitätskennzahlen (Dividenden, Eigenkapitalrenditen, Cashflow etc.) vieler dort ansässiger Unternehmen wieder vermehrt in den Blickpunkt internationaler Investor:innen rücken. Und wenn dann auch noch die Unternehmensgewinne anziehen, könnte einiges an frischem Geld in diese Märkte fließen, zumal die meisten Schwellenländer ja noch für längere Zeit überdurchschnittlich wachsen werden. Ein etwaiger Ausbruch aus dem eingangs erwähnten charttechnischen Abwärtstrend in den kommenden Monaten könnte ein Indiz dafür sein, dass dieser Prozess begonnen hat.

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