Geopolitische Entwicklungen, die uns alle bewegen
Unter dem Titel „Geopolitische Entwicklungen, die uns alle bewegen“ wurden Themen rund um große gesellschaftliche Veränderungen, aktuelle geopolitische Herausforderungen und natürlich auch die zweite Präsidentschaft Donald Trumps diskutiert. Im Mittelpunkt der hochkarätig besetzten Veranstaltung standen aber natürlich auch heuer wieder die Kapitalmärkte und der Austausch darüber, wie im aktuellen Umfeld nachhaltige Renditen erzielt werden können.
Hannes Cizek, CEO von Raiffeisen Capital Management, konstatierte in seiner Begrüßung tiefgreifende Auswirkungen auf die Investmentlandschaft angesichts der vielfältigen Unsicherheiten und Krisen und betonte, dass das Ausbalancieren von Risiken und Chancen ein wichtiger Aspekt erfolgreichen Investierens sei.
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Video: Das war der ESG Investment Day 2024
Krisenmodi und Krieg als „New Normal”?
Was die aktuellen politischen Krisen betrifft, gewährte Gastredner Franz-Stefan Gady Einblicke in die strategischen Möglichkeiten der kriegsführenden Parteien in der Ukraine und im Nahen Osten. Der Militärberater und Analyst am Institute for International Strategic Studies (IISS) in London berät Regierungen und Streitkräfte in Europa und den Vereinigten Staaten. Gady stellte in seinem Vortrag die Zunahme militärischer Konflikte fest.
Diese würden wieder als legitimes Mittel zur Fortsetzung der Politik angesehen. Dabei käme es zu massiven Fehleinschätzungen auf individueller, technologischer und struktureller Ebene", so Gady. Man könne vom „Zeitalter der Fehlkalkulation“ reden.
Auf individueller Ebene würde die persönliche Ambition oft ausschlaggebend für kriegerische Auseinandersetzungen sein. Gerade Autokraten würden oft aus Eigeninteresse handeln: „Hybris schlägt Staatsraison“. Auf technologischer Ebene liege die Fehleinschätzung in der Annahme, dass man Gegner aufgrund technologischer Überlegenheit, beispielsweise mit speziellen Waffensystemen, dem Einsatz von KI (Künstlicher Intelligenz) oder dem Eingreifen in Radarsysteme schnell ausschalten könne. Strukturelle Fehleinschätzungen würden darauf basieren, dass man von falschen Vorstellungen, beispielsweise was verbündete Partner betrifft, ausgehe. Die USA fungiere nicht länger als „Weltpolizei“. Es gäbe nicht einmal innerhalb der USA einen sicherheitspolitischen Konsens. Das sei nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt ein Problem, so Gady. Der Mensch werde trotz aller technischen Dimensionen immer im Zentrum der Kriegsführung stehen. Auf Konflikte, die sich nicht verhindern lassen, könne und müsse man sich strategisch gut vorbereiten.
Risikomanagement neu denken
Zu Geopolitik, ESG* und die Auswirkungen auf die Risikosteuerung im Portfoliokontext äußerten sich in der anschließenden Paneldiskussion Hannes Mösenbacher, CRO der RBI und Michael Schmid, Leiter Risikomanagement bei Raiffeisen Capital Management.
Jens-David Lehnen, Leiter des Institutionellen Geschäfts Österreich, der die gesamte Veranstaltung moderierte, wollte in diesem Programmpunkt von den obersten Risikochefs der beiden Häuser einleitend wissen, wie ihr Verständnis von Risikomanagement jeweils aussieht, wie entsprechende Wirkmechanismen ablaufen und auch welche dezidierten Leistungen aus Sicht einer Bank und eines Asset Managers dazu dargestellt werden. Eine solide Risikosteuerung sei ein fundamentales Thema, dem man gemeinsam mit Kund:innen entsprechend viele Ressourcen widme. Im Kern ginge es um Transparenz und ein hohes Maß an Verständnis für Inhalte, die transportiert werden.
Hannes Mösenbacher bemängelte im weiteren Verlauf der Diskussion fehlende politische Rahmenbedingungen für Unternehmen und spielte auf das hohe Ausmaß an Regulierung in Europa an, das nicht nur einen Wettbewerbsnachteil, sondern auch „Tonnen von Papier“ erzeuge. Man müsse Unternehmen bei ihren Nachhaltigkeitsstrategien unterstützen, und das mache die RBI. Das Premium für Nachhaltigkeit werde immer kleiner.
In Bezug auf Möglichkeiten und Grenzen der Risikosteuerung im ESG-Bereich stellte Michael Schmid fest, dass Nachhaltigkeitsrisiken nicht als isolierte Risikokategorie gesehen werden dürfen, sondern in einer komplexen „Ursachen-Wirkung“-Beziehung mit „konventionellen“ Risikofaktoren wie Liquidität, Kreditrisiko etc. stehen. Daraus den Schluss zu ziehen, dass es keine Nachhaltigkeitsrisiken gäbe, wäre aber falsch, so Schmid. In diesem Zusammenhang müsse man jedoch die Frage stellen, ob gängige „ESG-Scorings“ oder „Ausschlüsse“ tatsächlich die besten Mittel seien, mit Nachhaltigkeitsrisiken umzugehen oder ob es nicht viel mehr ein Zusammenspiel beider Blickrichtungen – Ursache und Wirkung – brauche.
Quo vadis, mercatus 2025?
Die Herausforderungen, mit denen sich die Kapitalmärkte angesichts der zweiten Präsidentschaft Trumps konfrontiert sehen, waren im Anschluss Gegenstand der Analyse von Gunter Deuber, Chef-Ökonom der RBI und Leiter von Raiffeisen Research GmbH.
Die Unberechenbarkeit von Trump würde 2025 zwar die Risiken erhöhen, es sei jedoch wahrscheinlich, dass „Trumponomics“ für ein weiteres gutes Aktienjahr sorgen werde. Die US-Wirtschaft zeige sich resilient und auf solidem Wachstumskurs. Der Konsum bleibe der Motor der anhaltenden Stärke. Die USA sei klarer Spitzenreiter unter den globalen entwickelten Volkswirtschaften. Für Europa stelle sich die Frage, wie gut es auf ein „Dealmaking“ mit US-Präsident Trump vorbereitet sei. Die Abhängigkeit von der US-Wirtschaft sei jedenfalls noch stärker als im Jahr 2016. Zunehmende makroökonomische Risiken in den USA im Jahresverlauf 2025 und in Richtung 2026 stelle, so Deuber, das größte Risiko für das Finanzmarktsentiment dar, abgesehen von geopolitischen Risiken bei hohen Bewertungen.
Round-Table-Gespräche – Dialog mit den Expert:innen
Im Anschluss wurde den Investor:innen auch heuer wieder die Möglichkeit geboten, im Rahmen von Round-Table-Gesprächen direkt mit Fondsmanager:innen von Raiffeisen Capital Management in den Dialog zu treten und gemeinsam Anlagelösungen verschiedener Assetklassen zu diskutieren. Die Analysen aus Sicht der strategischen Asset Allocation, welche Auswirkungen eine Fortsetzung des Zinssenkungs-Zyklus, aber auch ein schwächeres Wirtschaftswachstum in Europa und der großen Volkswirtschaften haben können, waren für die Investor:innen ebenso aufschlussreich wie die Round-Tables mit Schwerpunktsetzung
Private Markets als Portfoliobausteine
Eine, der zu Beginn von CEO Hannes Cizek angesprochenen Veränderungen in der Investmentlandschaft widmete sich der Vortrag von Ravi Parekh, Managing Director Infrastructure Investments – GCM Grosvenor, nämlich den Private Markets.
Investoren würden sich zunehmend auch den privaten Kapitalmärkten und insbesondere Infrastruktur zuwenden, da nicht zuletzt die ökologischen, gesellschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen für einen massiven Investitionsbedarf sorgen, so Ravi Parekh.
Infrastrukturinvestments zeichnen sich in der Regel durch stabile und langfristige Cashflows aus und weisen eine geringe Korrelation mit Konjunkturzyklen und anderen Assetklassen auf. Zudem bieten viele dieser Investments einen eingebauten Inflationsschutz. Die Kombination dieser Eigenschaften ermöglicht Investoren die Erzielung von Renditen, die nicht nur in ihrer Höhe und unter Risikogesichtspunkten attraktiv sind, sondern auch aufgrund ihrer Nachhaltigkeit zu überzeugen wissen.
Der ESG Investment Day 2024 wurde wieder traditionell mit den Closing Remarks des CEOs, Hannes Cizek, abgeschlossen. Bei einem Flying Buffet und einer Weinverkostung vom renommierten Weingut Tinhof im Burgenland konnten die Teilnehmer:innen des Investorenevents den Abend mit einer breiten Auswahl an kulinarischen Köstlichkeiten, erfrischenden Getränken und einer fantastischen Aussicht aus dem 14ten Stock direkt auf den Stadtpark ausklingen lassen.
Die Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. ist die Asset Management-Gesellschaft der Raiffeisen Bankengruppe Österreich und eine der führenden heimischen Fondsgesellschaften. Aktuell (per Ende Oktober 2024) hält sie Assets under Management in Höhe von rund 45,1 Mrd. Euro. Das Unternehmen ist in wichtigen europäischen Märkten vertreten und wird von Ratingagenturen und Wirtschaftsmedien immer wieder für die hohe Qualität der Fonds ausgezeichnet. Die Raiffeisen KAG ist Mitglied der Raiffeisen Nachhaltigkeits-Initiative.
* ESG steht für Umwelt (environment, E), Soziales (social, S) sowie gute Unternehmens- bzw. Staatsführung (governance, G).