Kaum ein Begriff wurde in den letzten Jahren so inflationär verwendet und kaum ein Themenfeld kommt ohne Bezugnahme darauf aus: Die Rede ist von Nachhaltigkeit, ein Terminus, der zum allerersten Mal bereits im frühen 18. Jahrhundert verwendet wurde. Es war der deutsche Rechtsgelehrte Hans Carl von Carlowitz, der im Bereich der Forstwirtschaft mahnte, dass man nicht mehr ernten solle, als in der Natur nachwachsen könne. Der Forstexperte legte damit den Grundstein für nachhaltiges Denken und Handeln, worunter rund 300 Jahre danach noch verstanden wird, dass auf die nachfolgenden Generationen Rücksicht genommen wird. So definierte der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen im Jahr 1987 nachhaltige Entwicklung als „eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“.
Auch bei der Geldanlage wird Nachhaltigkeit immer mehr zum Thema: Genauso wie die Menschen heute wissen wollen, wo Lebensmittel, Kleidung oder Möbel herkommen und wie sie erzeugt werden, schauen sie darauf, wo ihr Geld hingeht und wie es wirkt.
Nachhaltigkeit: von vorne aufgezäumt
Im Laufe der Zeit ist der Nachhaltigkeitsgedanke zu einem Leitbild für ökologisches, politisches und wirtschaftliches Handeln geworden. Er umfasst nicht nur Themen wie den Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch soziale Faktoren wie etwa die Einhaltung der Menschenrechte oder ökonomische Aspekte (ESG: drei Buchstaben). Einer wirtschaftlich ausgerichteten Sichtweise folgend, bedeutet Nachhaltigkeit beispielsweise, nicht Gewinne zu erzielen, die dann in Umwelt- und Sozialprojekte fließen, sondern diese bereits umwelt- und sozialverträglich zu erwirtschaften. Nachhaltige Entwicklung soll in diesem Sinne nicht durch finanzielle Förderung unterstützt werden, sondern sich vielmehr selber finanzieren. Einer nachhaltigen Entwicklung ist somit nicht geholfen, wenn die Mittel für Investitionen auf eine Weise gewonnen wurden, die der umfassenden Grundidee widersprechen.
Eine Frage der Verantwortung
Der Begriff geht heute untrennbar mit jenem der Verantwortung einher. In der Unternehmenswelt weicht das kurzfristige Prinzip des Shareholder-Values, bei dem das Wohl der Anteilseigner im Fokus steht, zusehends dem langfristigen Ansatz des Stakeholder-Values. Wenn also Unternehmen auch Arbeitnehmende, Kund:innen, die Öffentlichkeit und den Staat in ihre wirtschaftlichen Überlegungen miteinbeziehen, übernehmen sie soziale und politische Verantwortung. Das Wohl des Unternehmens soll auf lange Sicht sichergestellt werden, indem die Nachhaltigkeit des ökonomischen Erfolgs in den Mittelpunkt rückt. Verantwortungsvolles Handeln wird so zu einer zentralen unternehmerischen Aufgabe. Zum Ausdruck kommt dabei – vereinfacht gesagt – Verantwortung gegenüber Menschen, Umwelt und Wirtschaft.
Transformation an den Finanzmärkten
Kapital hat großen Einfluss auf die Entwicklung von Unternehmen. Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft steht für den Beitrag der Finanzmärkte zur Wandlung gesellschaftlicher, umweltbeeinflussender und wirtschaftlicher Faktoren zum Wohl der Erde und der Menschen (Wie wird Nachhaltigkeit gemessen?). Die Idee dahinter: Wenn Finanzmittel nachhaltiger eingesetzt werden, dann ändern sich unsere Wirtschaft, unsere Produktion und letztendlich auch unser Konsum. Je mehr Vermögen in nachhaltige Investments fließt, umso mehr Gewicht haben Investor:innen gegenüber den Unternehmensvertretern. Die Investition in nachhaltig agierende Unternehmen führt auch dazu, dass für weniger nachhaltige oder gar schädliche Produkte und Dienstleistungen weniger Finanzmittel bleiben. Mit einem Investment in nachhaltige Fonds hat man nicht nur das Gefühl, renditeorientiert zu agieren, sondern parallel auch etwas zu bewirken. So kann man als Fondssparer:in Wirkung erzielen (Gründe für mehr Nachhaltigkeit bei Investmentfonds).
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Die Raiffeisen KAG verfügt über eine umfangreiche Auswahl an Investmentfonds, die nach hohen Nachhaltigkeitsstandards verwaltet werden.
Die Einstufung als nachhaltig
Die Anbieter von nachhaltigen Finanzprodukten sind zunehmend darauf bedacht, ihre Auswahl nicht bloß nach dem Ausschlussprinzip zu treffen. Ein Nein zu unerwünschten Geschäftspraktiken, Produktionsprozessen oder Branchen gilt für sich alleine nicht mehr als ausreichend. Vielmehr nehmen Banken oder Fondsgesellschaften proaktiv jene Unternehmen in ihr Portfolio auf, die sich Nachhaltigkeitskriterien gezielt und nachweislich verschrieben und diese auch in ihre Geschäftsstrategie implementiert haben (Kriterien der Nachhaltigkeit – das integrative Nachhaltigkeitskonzept von Raiffeisen Capital Management). Die Chance auf Rendite bleibt dabei nicht ausgeklammert und stellt nach wie vor ein wesentliches Auswahlkriterium bei der Zusammenstellung nachhaltiger Investmentfonds dar. Trotzdem kann es in negativen Marktphasen zu Kapitalverlust kommen.
Nachhaltiges Investieren bedeutet im Idealszenario, Teil einer Lösung zu sein und Verantwortung zu übernehmen: für eine zukunftsfähige Entwicklung der Wirtschaft, für Bildung und Menschenrechte und für positiv lenkende Effekte auf viele andere gesellschaftliche Bereiche.
Nachhaltiger Investmentprozess
Wie lässt sich die Frage der Verantwortung mit dem Bestreben der Ertragssteigerung verbinden, ohne dabei das Idealszenario des nachhaltigen Investierens aus den Augen zu verlieren?